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Kurzbeschrieb
Ein Mann geriet in Not, als er sich im Nebel irgendwo im „Nirwana“ verlaufen hatte. Nach verzweifeltem herumirren entdeckte er überglücklich einen Mann an einer Brücke. Dieser chauffierte ihn in ein Dorf und fragte den vom Weg abgekommenen, verzweifelten Mann, ob er an Engel glaube.
„Natürlich“, meinte der im Nebel verirrte Mann, „Sie waren für mich ein Engel“.
„Nein“, meinte der andere: „Sie sind für mich ein Engel, denn mein Leben hatte keinen Sinn mehr und ich wollte mich von der Brücke stürzen, als plötzlich aus dem Nirgendwo Sie auftauchten und mir einen Sinn gaben, nämlich Ihnen zu helfen“.
Detailbeschrieb
Es ist schon ein paar Jahre her. Ich fuhr mit dem Personenzug hinauf in den Spessart. Es waren noch alte Wagen – ohne sich automatisch schliessende Türen. Draussen begann es zu schneien. Als die letzten zwei Leute ausstiegen, fragte ich sie, wie lange es noch bis H. dauern würde. Sie sagten mir: «Beim nächsten Halt müssen Sie aussteigen!» Ich zog vorsichtshalber schon den Mantel an. Es dauerte nicht lange, da ruckte der Zug plötzlich – und stand. Ich stieg aus – es war immer noch dichtes Schneetreiben – und kletterte hinunter, einen Koffer in der Hand, eine Handtasche über die Schulter. Der Zug war ziemlich lang, und ich dachte, der kleine Bahnhof wird nicht viel Bahnsteig haben. Ich versuchte mich zu orientieren. Als ich merkte, dass hier noch gar kein Bahnhof war, rollte der Zug schon weiter und mein Rufen «Halt!» verhallte ungehört. Hallo, wer sind Sie? Was sollte ich jetzt machen? Im Schneetreiben war weit und breit kein Licht zu sehen. Also stapfte ich die Gleise entlang. Das Gewicht des Koffers wurde immer schwerer. Immer häufiger legte ich eine Verschnaufpause ein. Gott sei Dank riss der Himmel auf und Mondschein huschte über den Schnee. Nicht weit entfernt sah ich eine Brücke. Na, dachte ich, da muss doch irgendeine Strasse sein! Plötzlich blieb ich wie angewurzelt stehen: Aus dem Schatten löste sich eine Gestalt. Erleichtert rief ich: »Hallo, wer sind Sie? Ach, ich bin zu früh ausgestiegen und laufe schon eine lange Zeit die Schienen entlang. Ich möchte nach H. Können Sie mir helfen? Bitte!» Die Gestalt bewegte sich nicht. Es kam keine Antwort. Hatte ich mich getäuscht? Dann erkannte ich einen Mann im Lodenmantel mit einem tief ins Gesicht gezogenen Hut. Ich wandte mich an ihn: «Entschuldigung, wenn ich Sie gestört habe. Aber ich brauche dringend Hilfe. Seien Sie so freundlich und zeigen Sie mir den Weg.» Ich stellte meinen Koffer vor ihn nieder. Der Mann – so um die vierzig – brummte mit einem verkniffenen Gesicht etwas in sich hinein, nahm aber meinen Koffer, und so gingen wir zur Strasse hin, In meiner Freude, jemanden gefunden zu haben, sprudelte ich nur so heraus: «Wie bin ich Ihnen dankbar! Sie schickt mir der Himmel! Ich weiss nicht, ob ich das alleine geschafft hätte; ein Glück, dass ich Sie getroffen habe!» Er sagte immer noch nichts. Ich respektierte sein Schweigen und blieb jetzt auch stumm. So gingen wir hintereinander her um eine lang gestreckte Strassenkurve. Da stand abgestellt sein Auto. Er legte mein Gepäck in den Kofferraum und öffnete mir die Tür. Dann fuhren wir langsam auf der verschneiten Strasse vorwärts. So einer sind Sie! Ganz unvermittelt fragte er dann: «Glauben Sie an Engel?» Ich war irritiert – nach so viel Zurückhaltung solch eine Frage! «Ja, schon», erwiderte ich, «in der Bibel kommen sie vor» Er unterbrach mich und vertiefte seine Frage: «Glauben Sie an Engel – heute?» «Ich weiss nicht recht», sagte ich zögernd und spürte, dass er mehr erwartete. So fuhr ich fort: «Möglicherweise begegnen sie uns nicht mehr als solche Lichtgestalten wie damals auf den Feldern von Bethlehem. Vielleicht in irgendeinem, der uns bewahrt oder führt» Da platzte er heraus: «So einer sind Sie für mich heute!» Ich schaute ihn verwundert an. Dann erzählte er, zuerst zögernd, dann immer ausführlicher: «Ich wollte mich heute umbringen und hatte mir die Stelle ausgesucht, wo die Bahnlinie die Strasse kreuzt. Ich hielt mein Leben einfach nicht mehr aus. Und dann kamen Sie. Gerade im richtigen Augenblick! Und riefen mich an, dass ich Ihnen helfen soll. Mich, der ich entschlossen war, Schluss zu machen!» – Er schüttelte den Kopf, als könne er es immer noch nicht glauben: «Mir ist ein Engel begegnet! Also hat der liebe Gott mich doch nicht im Stich gelassen!» Er fuhr mich an meinen Zielort. Wir haben nicht mehr viel miteinander geredet. Als er in sein Auto stieg, rief er mir nach: «Danke! Sie glauben gar nicht, wie dankbar ich Ihnen bin!» Aus «Kurzgeschichten 8» von Willi Hoffsümmer (Hg.) Matthias-Grünewald-Verlag. – Stark gekürzt nach Johannes Kuhn. Genaue Quelle unbekannt. >https://www.bernerzeitung.ch/region/glauben-sie-an-engel--heute/story/22601242
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